Gestern habe ich erneut in Rimini geschlafen. Heute geht es aber endgültig weiter!
Nach einem typisch italienischem Frühstück, bestehend aus Kaffee und Keksen, bringen mich Giuliana und ihre Mutter Alessandra zur nächsten Raststätte.
Im Regen stehe ich hier, gut gelaunt und optimistisch. Mein Optimismus bleibt ungebrochen. Eine Stunde später sitze ich im nächsten Auto. Die Stunde verging wie im Flug, da ich mich immer wieder mit Rollerfahrern, Raststättenarbeitern und sonstigen Passanten unterhalten habe. Und auch mit meiner Mitfahrgelegenheit habe ich wieder einmal Glück.
Der Fahrer heißt Francesco und ist leidenschaftlicher Windsurfer. Auch beruflich hat er mit dem Surfen zu tun. Er handelt mit der Ausrüstung.
Er reist viel und surft an den schönsten Spots der Welt. Wir haben eine Menge Gesprächsstoff. Eigentlich sagte er, er könne mich nur bis Riccione mitnehmen, doch er überlegt es sich anders. Er muss dort nur einen Kite zum Surfen abholen, dann fährt er weiter Richtung Süden nachhause. Während er auf den Kollegen wartet, der ihm den Kite bringen soll, lädt mich Francesco auf einen köstlichen, italienischen Kaffee ein.
Wir warten nicht lange, weiter geht die Fahrt.
Als Profisurfer hat er schon mit großen Stars gesurft. Als ich ihn auf den Surffilm "Four Dimensions" anspreche, senkt er die Stimme. Mit einem der Surfer war er früher oft unterwegs. Er starb letztes Jahr an Hautkrebs. Eine Folge des ständigen Surfens in der prallen Sonne. Weniger als ein Jahr nach Diagnose der Krankheit war er tot. Ich muss schlucken. Ein komisches Gefühl, wenn einem so direkt vor Augen geführt wird, wie schnell das Leben vorbei sein kann.
Vor einer Ampel lässt Francesco mich raus. Er muss die Straße verlassen, um nach Hause zu fahren. Ich habe ein gutes Stück geschafft. Es folgt eine weitere kurze Mitfahrt mit Silver, gefolgt von der ebenfalls recht kurzen Fahrt mit Thomaso. Thomaso kann mich zwar nicht weit mitnehmen, aber dafür lädt er mich auf Kaffee und Kuchen nachhause ein. Mal etwas Anderes zu sehen, als die nasse Straße und den grauen Himmel klingt gut, also nehme ich an. Thomaso ist wieder eine dieser faszinierenden Persönlichkeiten, die mich immer wieder aufs Neue begeistern. Trotz seiner recht simplen Arbeit auf dem Bau, ist er voll von Lebensfreude und erzählt alles mit einer Energie und einem Enthusiasmus, der mitreißt. Er stellt mich seiner Frau vor und erzählt von seiner Tochter. Sie studiert irgendwas mit Tieren (wir unterhalten uns auf Italienisch) und ist grade dabei deutsch zu lernen, da sie sich vorstellen kann, in Deutschland zu leben und zu arbeiten. Nächstes Jahr wird sie zum dritten Mal Urlaub in Deutschland machen.
Ich bleibe nicht allzu lange, denn langsam wird es spät. Thomaso bringt mich noch bis zur nächsten Raststätte, wodurch ich dann doch noch ein ganzes Stück mit ihm zurückgelegt habe.
Es beginnt, dunkel zu werden. Ich habe heute zwar schon ein Stück geschafft, aber nicht genug. In dem Tempo würde ich zwar pünktlich zu meinem Rückflug in Bari ankommen, aber eigentlich möchte ich in Bari ja noch ein paar Tage haben, um mein Abenteuer ruhig ausklingen zu lassen.
Also geht es weiter. Alfrim nimmt mich ein paar hundert Meter mit, dann ist endgültig Schluss. Keiner nimmt mich mehr mit. Wer jetzt noch auf der Straße ist, hat nur noch das Ankommen im gemütlichen Zuhause im Kopf.
Da ich keine Lust habe, endlos an der Raststätte zu stehen, gehe ich die Straße entlang, das Pappschild gut sichtbar am Rucksack befestigt. Niemand hält an. Auch nicht, als es anfängt, wie aus Eimern zu gießen, auch nicht, als der Donner grollt und die Blitze zucken. Mich bei dem Wetter nass in mein kaputtes Zelt legen, würde mir wohl sowieso nicht viel Erholung verschaffen, also laufe ich weiter.
Zunächst noch gut gelaunt, doch meine Moral wird schlechter und schlechter. Ein Sturm zieht auf und peitscht mir den Regen entgegen. Hier ist auch zu Fuß kein Weiterkommen mehr. Jetzt brauche ich Hilfe. Am Straßenrand unter einer Laterne gut sichtbar bleibe ich stehen. Ich bin sauer auf mich, dass ich nicht bei der überdachten Raststätte geblieben bin und sauer auf die Autofahrer, die mich kalt ignorieren und in ihr warmes, trockenes Zuhause fahren.
Ich bin kurz davor aufzugeben und mich in den Schlamm des Straßengrabens fallen zu lassen, als ein in Gegenrichtung fahrendes Auto hält. Gerade noch gerettet! Alessandro, der Fahrer, hatte mich am Straßenrand gesehen und zunächst Angst vor mir, weil ich mich nicht bewegt habe (ja ach nee, mit jeder Bewegung rinnt ein Bach, kalten Wassers von meinem Kinn am Hals herab in meine Jacke), aber als ich dann den Kopf drehte, erschien ich ihm wohl menschlich genug. Er hatte Mitleid und drehte um, wofür ich überaus dankbar bin. Alleine das warme trockene Auto ist für mich schon das Paradies. Noch paradiesischer wird es aber, als ich seiner Einladung, auf seiner Couch zu übernachten, folge. Ein Dach über dem Kopf und eine Pizza in der Hand fühle ich mich wie neu geboren.
Alessandro ist im IT-Bereich tätig. Er entwickelt unter anderem Unterhaltungssoftware für Luxushelikopter. Ein Nischenbereich. Da hierbei die Kontakte in alle Welt sehr wichtig sind, spricht Alessandro ein gutes Englisch.
Wir tauschen uns über Interessen und Hobbys aus. Durch ihn lerne ich die Seite Wherethehellismatt kennen. Matt nimmt rund um die Welt Videos mit seinem eigensinnigen Tanzstiel auf. Was als witziges Spaßprojekt begann, fand schnell begeisterte Zuschauer und was begeisterte Zuschauer hat, findet auch schnell Sponsoren. Tausende Orte muss Matt bereits bereist haben, aber obwohl ich gerne reise, klingt das für mich nach der Hölle auf Erden. Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit wird er gekarrt, führt seinen Tanz auf und weiter geht's. Kein Reisen für mich. Mir gefällt die Langsamkeit. Mir gefällt es, auch nicht touristische Orte zu erkunden und mit Leuten in Kontakt zu kommen. Wenn ich von Attraktion zu Attraktion hetzen würde, hätte ich bald das Gefühl, alles gesehen zu haben, würde zuhause sitzen und an Langeweile sterben.
Trotzdem ein witziges Projekt und eine tolle Idee!
Alessandro gibt mir sein W-Lan Passwort. Mit meinem MacbookAir möchte ich nun endlich mal wieder das Internet benutzen, denn so ist das Hochladen meiner Artikel doch deutlich einfacher, als mit dem Handy, dessen Internet zu langsam ist, um es als Hotspot für für das Macbook zu verwenden. Es erscheint das vertraute ! über dem W-Lan Symbol, das anzeigt, dass zwar eine Verbindung zum W-Lan Router aber nicht zum Internet besteht. Was ich bisher für ein Problem mit den Hotspots gehalten habe, scheint wohl doch an meinem Macbook zu liegen.
Alessandro bietet an, mich am nächsten Tag mit Ancona zu nehmen, wo er arbeitet. Hier gibt es einen Apple Store.
Zur Zeit ist das Projekt, an dem er arbeitet, in einer heißen Phase, weshalb es früh raus geht.
Deshalb mache ich es mir gleich auf der Couch bequem und schlafe ein.
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