Nach einem typisch italienischen Frühstück, bestehend aus Kaffee und Keksen, bringt mich Francesco zu einer Raststätte auf der langen Straße Richtung Süden. Von hier möchte ich weiter nach Rimini trampen.
Wieder einmal stehe ich im Regen. Es ist kalt. Bella Italia. Viel zu berichten gibt es von den fünf Stunden des Wartens nicht. Immer wieder gehe ich zwischenzeitlich aufs Klo der Raststätte, dem einzig warmen Ort. Wenn ich heute etwas gelernt habe dann das: Trainiert eure Arme, bevor ihr trampen geht. Im Ernst! Stellt euch mal fünf Stunden mit erhobenem Daumen an die Straße, dann wisst ihr, was ich meine.
Die einzige wirkliche Abwechslung ist das Gespräch mit einem der Bauarbeiter, der gerade Reparaturen an der Raststätte durchführt. Er ist Rumäne und vor ein paar Jahren nach Italien gekommen, um hier zu arbeiten. Einen Schulabschluss hat er nicht, aber er spricht fließend Englisch und fragt mich, ob seine Jobchancen in Deutschland oder einem der anderen Länder, die ich bereist habe, besser wären.
Ich bezweifle es.
Einen weiteren Rumänen, der für die Arbeit nach Italien gekommen ist, treffe ich einige Zeit später.
Sorin ist sein Name. Er ist LKW-Fahrer, unterwegs Richtung Süden und nimmt mich tatsächlich mit! Seid fünf Jahren lebt er in Italien und hat vor drei Jahren geheiratet. Er übt zwar nicht seinen Traumjob aus, aber er ist glücklich in Italien. Sorin lacht viel und scheint voller Energie zu sein.
Mir gefällt die Art, wie er das Gute in allem sieht und das Beste aus seiner Situation macht. Besonders seine Einstellung zum Geld gefällt mir. Er hat nicht viel, sagt er, aber er hat alles, was er braucht.
Wir unterhalten uns auf Italienisch. Ich lerne es seit fast zwei Jahren in der Schule. Italienisch ist eins meiner schlechtesten Fächer, doch erstaunlicherweise fällt mir die Unterhaltung überhaupt nicht schwer. Man lernt eine Sprache so viel schneller, wenn man sich einfach in dem Land mit den Leuten unterhält. Zweifellos mache ich tausende Grammatikfehler und jedem Italienischlehrer würden sich die Zehennägel aufrollen, aber ich verstehe Sorin und Sorin versteht mich.
Er lässt mich an einem Standstreifen am Fahrbahnrand raus. Durch ein Loch im Zaun gelange ich von hier zum Einkaufszentrum.
Für mich nach wie vor ein Paradies! Ich denke an die Alpen. An die Tage, an denen wir hungrig schlafen gegangen sind, weil wir mit unserem Proviant haushalten mussten.
Schmunzelnd decke ich mich mit Keksen, Käse, Brot und anderem Proviant ein.
Dann setze ich mich auf eine Bank und esse.
Ich entdecke ein Schild. Im Einkaufszentrum gibt es kostenloses W-Lan. Die Gelegenheit, einen Artikel hier im Blog hoch zu laden!
Doch mein Notebook scheint ein Problem mit der W-Lan Verbindung zu haben. Das Problem hatte ich auch zuvor auf der Reise, wann immer ich an einem W-Lan Router vorbeigekommen bin, doch bisher
dachte ich, es würde an diesen liegen. Ich glaube, das muss ich mal checken lassen.
Also mache ich mich wieder auf den Weg. Es ist spät geworden, das Einkaufszentrum schließt in einer halben Stunde.
Wenn die letzten Besucher abgefahren sind, würde ich hier festsitzen.
Mit meinem Schild stelle ich mich ans Ende des Parkplatzes und warte.
Diesmal warte ich nicht lange. Marco und seine Mutter nehmen mich mit. Sie sind durch und durch herzensgute Menschen. Auch mit ihnen kann ich mich ausschließlich auf Italienisch verständigen. Es scheint ein Missverständnis zu geben. Immer wieder versuche ich zu erklären, dass ich weiter trampen will und sie mich doch bitte an der Straße rauslassen sollen, bevor sie in ihren Ort fahren. „Vorrei andare in autostop.“ Sage ich.
Mist. Sie bringen mich zum Bahnhof.
Immerhin bin ich jetzt nur noch 20 Kilometer von Rimini entfernt.
Marco und seine Mutter bringen mich in die Eingangshalle des Bahnhofs, wo ich etwas verloren rumstehe. Aus Höflichkeit möchte ich warten, bis sie weg sind, bevor ich den Bahnhof verlasse und ich wieder an die Straße stelle. Marco lächelt mir unentwegt zu, während seine Mutter verschwindet. Ich bin etwas irritiert, bis seine Mutter ebenfalls lächelnd wieder auftaucht.
Sie drückt mir ein bezahltes und abgestempeltes Ticket nach Rimini in die Hand und sagt, ich müsse mich beeilen, da der Zug bereits im Bahnhof steht.
Schnell bedanke ich mich und springe in den Zug.
Ich habe es also geschafft. Ich komme heute noch in Rimini an. Die Gegend um Rimini gilt als Partyhochburg. Vielleicht liegt es daran, vielleicht sind Ausnüchterungszellen in den Zügen in Italien aber auch Standardausstattung.
Angekommen in Rimini mache ich mich auf den Weg, die Stadt zu erkunden. Hier in der Partyhochburg muss schließlich immer etwas los sein.
Beim Verlassen des Bahnhofes bin ich überrascht. Gähnende Leere.
Ich laufe einfach mal drauf los, dahin, wo ich das Zentrum der Stadt vermute. Tatsächlich finde ich eine Fußgängerzone mit einem großen Platz im Zentrum. Auch hier herrscht gähnende Leere. Alle Geschäfte sind geschlossen, Bars und Clubs sucht man vergebens.
Also mache ich mich auf den Weg Richtung Meer. Wenn nicht hier, spielt sich das Nachtleben bestimmt am Strand ab.
Der Weg zum Meer ist traumhaft. Entlang eines Kanals gehe ich auf den Leuchtturm und ein funkelndes Riesenrad zu. Ich erlebe ein ruhiges und gemütliches Rimini. Ganz anders, als ich es mir vorgestellt habe, aber nicht weniger schön.
Am Strand angekommen, ändert sich dieses Bild von Rimini nicht. Nur die unzähligen Liegen und Sonnenschirme lassen auf die Touristenströme schließen, die tagsüber den Strand beleben. Um diese Zeit ist hier alles still.
Es gibt zwar kleine Bars in Strandnähe doch in keiner halten sich mehr als 10 Leute auf.
Ich bin müde. Die Hotels vergeben so spät sicher keine Zimmer mehr, und wahrscheinlich könnte ich sie mir ohnehin auch nicht leisten. Also entschließe ich mich, am Strand zu schlafen. Ich lege mich auf eine der Strandliegen in Wassernähe und hoffe, dass keiner der Hotelbesitzer die Polizei ruft, denn das könnte hier teuer werden.
Auf dem Weg nach Rimini wurde ich etliche Male vor den Taschendieben gewarnt, deshalb befestige ich den Gurt meines Rucksacks an der Liege. Wenn jemand versucht ihn zu klauen, werde ich aufwachen.
In der Nacht wache ich tatsächlich noch einmal auf. Grund dafür ist der Regen. Es regnet nicht doll, aber ich könnte jetzt ohnehin nichts gegen den Regen ausrichten. Ich sinke etwas tiefer in den Schlafsack und schlafe wieder ein.
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