Der "Ochse vor dem Berge"

Blick aus dem Zelt Wenns Braunschweiger Hütte Alpen Österreich E5

Was war das? Ich schrecke aus dem Schlaf auf. Die Sonne ist bereits aufgegangen, aber in den Schatten, die sie noch nicht erreicht hat, ist die Luft noch eiskalt.

Das ganze Zelt zittert, der stützende Stab gerät in Schieflage.

Schnell verlasse ich das Zelt, um zu sehen, was mich geweckt hat. Doch noch ehe ich sie sehe, höre ich das vertraute Scheppern der Glocken.

Zelt Kuh Stier Weide Ochse Wenns Braunschweiger Hütte Alpen Österreich E5

Wir haben offensichtlich auf einer Kuhweide gezeltet. Die drei monströsen Rinder beachten mich gar nicht. Munter schlecken sie das Zelt ab und trampeln über die Abspannleine. Auch Wibke kommt aus dem Zelt gekrabbelt, streckt sich, gähnt und bleibt wie angewurzelt stehen, beim Anblick unserer morgendlichen Gäste.

Vorsichtig drücke ich die Schnauze des vorderen Bullen weg, als dieser erneut anfängt das Zelt abzuschlecken, wobei er schleimig glänzende Sabberspuren hinterlässt.

Kurz dreht er den Kopf weg, dann macht er weiter wie zuvor. Auch die anderen beiden Kolosse kommen wieder näher und umkreisen unser Zelt. Vor der Schnauze der Neuankömmlinge klatsche ich laut in die Hände, was sie tatsächlich zum Umdrehen bewegt, doch der erste Bulle bleibt unbeeindruckt stehen.

Mit meinem ganzen Gewicht stemme ich mich gegen ihn. Es muss ihm vorgekommen sein, wie wenn Euch ein Huhn gegen das Bein springt.

Rettung bringt ein Läuten vom Weg her, das alle Rinder anzieht. Vielleicht gibt es ein besonderes Futter oder die Tiere sind einfach darauf dressiert, auf dieses Geräusch zu hören.
Egal, schnell packen wir zusammen und machen uns auf den Weg.

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Am Bach spülen wir unser Kochzubehör, mit dem wir uns gestern die leckere Suppe gekocht haben.

Grillanzünder als Hitzequelle sind suboptimal! Der Topf ist wieder einmal schwarz wie die Nacht, doch seit dem ersten Kochen auf unserer Reise wird er heute zum ersten Mal richtig sauber. Wir entdecken einen Trick: Sand. Besser als Stahlwolle! Schnell ist der Topf sauber gescheuert und glänzt wie am ersten Tag.

Gletscher Wenns Braunschweiger Hütte Alpen Österreich E5

Bis zum Ende des Tales ist es nicht mehr weit. Vor dem Bergmassiv stehend sind wir überwältigt. Zum ersten Mal auf unserer Reise sind wir in Begriff in die Nähe der Gletscher zu gelangen. Hatten wir bisher noch bei jedem matschig-braunen Schneefleck begeistert angehalten, so würden wir noch heute umgeben sein von Schnee und von Eis, das die Spitze des Berges wie ein strahlend weißer Hut bedeckt.

Wasserfall Wenns Braunschweiger Hütte Alpen Österreich E5

Doch vorher müssen wir erst einmal rauf auf den Berg. Und wie es rauf geht!

Wir entscheiden uns für den Weg am Wasserfall. Schon oft auf unserer Wanderung hatten wir kurze steile Stücke zu überwinden, bei denen wir auch mal die Hände zu Hilfe nehmen mussten, aber dieser Anstieg besteht fast nur aus Klettern. Immer wieder stehen wir vor glatt gewaschenen Felswänden, die wir nur durch die stählernen Trittstufen und Drahtseile überwinden können. Mein Respekt vor den ersten Menschen, die diesen Weg vor über 1000 Jahren gegangen sind, wächst ins Grenzenlose.

Braunschweiger Hütte Alpen Österreich E5

Nach diesem Anstieg haben wir es allerdings auch schon geschafft. Es ist spät geworden, daher bleiben wir auf der Braunschweiger Hütte und laufen nicht noch die nächste Etappe ins Tal, wie ursprünglich geplant. Der Nachteil: Langsam wird das Geld knapp. Als wir unsere Tour begannen war der Plan, fast jede Nacht im Zelt zu verbringen. Letztlich hatten wir dieses aber wegen des vielen Regens noch kaum benutzt.

Ausblick aus Braunschweiger Hütte Gletscher Bettenlager Matratzenlager Alpen Österreich E5

Auch der Proviant wird knapp, da wir uns nicht, wie geplant, im Tal neu eindecken können. Auf der Hütte ist uns das Essen zu teuer. Alles Essbare auf den Hütten muss mit Lasten-Seilbahnen oder Hubschraubern hochgebracht werden. Entsprechend sind die Preise.

Zum Glück hat die Hütte warmes Wasser. Eine gute Gelegenheit, die Kleidung zu waschen. Auch für die Essenzubereitung ist das warme Wasser gut: Mit Leitungswasser bereiten wir uns eine leckere, fast schon heiße Tütensuppe zu.

Zusammen mit einer Scheibe Brot ist das leider unser einziges Abendbrot. Satt werde ich nicht, aber immerhin haben wir noch etwas für das Frühstück übrig, denn mit leerem Magen wandern, das funktioniert nicht lange.

 


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