Nach dem Ruhetag gestern, geht es heute weiter in Richtung Oberstdorf, zu unserer ersten Wanderetappe. Verzogen haben sich die Wolken zwar noch nicht, aber die Vorfreude auf die Berge ist zu stark um noch einen Tag zu warten.
Gut ausgeschlafen und mit neuem Plakat ausgerüstet, gehen wir wieder an der Straße in Position. Unterwegs kommen wir an einem Einkaufszentrum vorbei, wo wir uns noch einmal mit Obst, Brot, Käse und kiloweise Schokolade eindecken.
Als wir uns zum Frühstück niederlassen, spricht uns Stephan an und fragt, ob wir in die Berge wollen. Wir bejahen und erzählen ihm von unseren Plänen.
Er gerät ins Schwärmen. Er sei früher selbst viel in den Bergen unterwegs gewesen, erzählt er uns, doch seit einem Fahrradunfall ist er querschnittsgelähmt. Richtige Bergtouren sind so zwar nicht mehr möglich, doch Stephan hat einen Weg gefunden, die Grenzen seiner Behinderung ein wenig zu verschieben:
Mit seinem umgebauten Segway ist er so mobil wie kaum ein anderer Rollstuhlfahrer, denn der Sitz des Gefährts bleibt trotz Steigung immer nahezu waagerecht.
In Serie werden die sogenannten "Mobility-Cubes" noch nicht hergestellt, aber Stephan hofft dies ändern zu können, wenn er nur genug Menschen auf dieses eigentümliche Fortbewegungsmittel aufmerksam macht.
Eine tolle Idee!
Kurze Zeit später nimmt uns Daniel mit. Er arbeitet im Verlag des Allgäuer Anzeigenblattes und ist gerade auf dem Rückweg von einem Meeting in Kempten zu seiner Frau und seiner 5 Monate alten Tochter.
Auch Daniel ist schon den E5 gegangen, wie praktisch jeder hier in Bayern, mit dem wir uns unterhalten.
Nach einer Viertelstunde lässt uns Daniel am Seitenstreifen raus, wo wir kurz darauf von der Landschaftsarchitektin Anette mitgenommen werden.
Anette ist in Oberstdorf geboren und aufgewachsen und nun gerade unterwegs zu ihren Eltern, denen Sie beim Umbau ihrer Ferienwohnungen hilft.
Sie hat Oberstdorf verlassen, weil hier als Landschaftsarchitektin nicht viel zu holen ist, aber auch, um mal etwas anderes zu sehen.
Weitere 15 Minuten später sind wir da.
Um drei Uhr starten wir unsere Wanderung. Ein Bus fährt von Oberstdorf bis zur Mitte des ersten Berges, doch wir sind hochmotiviert und wollen die gesamte Strecke zu Fuß gehen.
Schon hier zu Anfang, auf den Schotter und Asphaltwegen sind wir überwältigt von der Bergwelt um uns herum. An Apfelbäumen und Kuhweiden vorbei, geht es immer weiter geradeaus, dem Talende entgegen. Die Wege werden schmaler, die Straßen zu Trampelpfaden und die Böschungen zu Wald.
Als wir in eine Wolke geraten, die so dicht ist, dass wir kaum die Hand vor Augen sehen, machen wir an einer kleinen Kapelle halt.
Zeit für ein Picknick!
Wir haben Glück, während wir essen, verschwinden die Wolken und uns offenbart sich ein unglaublicher Blick auf die unbezwingbar aussehenden, schroffen Berge vor uns, die wir vorher durch den Nebel noch gar nicht bemerkt hatten.
Leider beginnt es zu regnen. Die Rinnsale kreuzen den Weg als Wasserfälle und waschen ihn stetig aus.
Auf 30 cm breiten Vorsprüngen schieben wir uns an ihnen vorbei, rechts von uns der steile Abgrund. Wir werden nass bis auf die Knochen.
Wibke, die an starker Höhenangst leidet, hat mit sich zu ringen. Schritt für Schritt kämpft sie sich vorwärts.
Unterdessen wird es dunkel.
Keine Wanderer mehr auf den Wegen, dafür unzählige Salamander. Ich bin begeistert von diesen kleinen Tierchen. Schnell mache ich ein Foto, während Wibke sich noch an die Steilwand gepresst über ein besonders schmales Stück tastet.
Um 23 Uhr erreichen wir unsere Übernachtungsstation.
Eine angesäuerte Hüttenwirtin empfängt uns und weist uns ein Zimmer zu, denn im Matratzenlager schlafen bereits alle.
Gegen Kälte und Hunger machen wir uns noch eine Dose Thunfisch warm,
dann gehen wir schlafen.
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